Wie kann ich mir den Ablauf von traumaspezifischen Therapien vorstellen?

Traumatherapie – Ablauf der einzelnen Behandlungsphasen

Um traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und zu verheilen arbeite ich wie folgt:

Feststellung der Traumatisierung / Diagnose der Traumafolgeerkrankung:

Die Diagnose sollte sicher gestellt werden.

Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung:

Durch die Traumatisierung hat ein Betroffener meist das Gefühl von innerer Sicherheit verloren. Das gilt insbesondere bei zwischenmenschlichen Traumatisierungen, so genannten Bindungstraumata.

Daher achte ich ganz besonders auf das entstehen Können eines guten und stabilen Arbeitsbündnisses sowie einer Atmosphäre, in der sich Klienten sicher und aufgehoben, angenommen und verstanden fühlen können.

Die Stabilisierungsphase:

Die Stabilisierungsphase dient dazu, körperliche und emotionale Stabilität, verbunden mit dem Gefühl innerer Sicherheit, (zurück) zu erlangen. Sie verringert und entlastet bereits die Symptome und kann – je nach Bedarf – Folgendes beinhalten:

  • Bestandsaufnahme der Symptome
  • Aufklärung und Information um die eigenen Symptome besser zu verstehen und konstruktiv damit umgehen zu lernen
  • Schaffung von Sicherheit, z.B, durch das Entwickeln eines „inneren sicheren Ortes“, der helfen kann Ängste zu bewältigen, sich wieder sicher zu fühlen und aufzutanken
  • soziale Unterstützung zur Schaffung stabiler Lebensbedingungen
  • Bekanntmachung und Aktivierung der eigenen Ressourcen und Kompetenzen
  • Verstehen und Umsetzen von „kein Täterkontakt“, wenn möglich
  • Verbesserung von Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge
  • Erlernen von Selbstregulierungstechniken für einen dosierten Umgang mit Gefühlen und um mit ihnen besser klar zu kommen
  • Erlernen von Bewältigungsstrategien bei z.B. Spannungszuständen oder dem Umgang mit Krisen oder zur Reorientierung, also dem bewussten Wahrnehmen und Spüren, dass „es“ hier und heute vorbei ist
  • Behandlung muskulärer Verspannungen als Ausdruck psychischer Not und Anspannung
  • Aufbau eines (wieder) in Kontakt-Kommens mit dem eigenen Körper
  • Stärkung der Eigenverantwortlichkeit
  • verbessertes Selbstwertgefühl erarbeiten
  • soziale Beziehungen verbessern
  • Distanz zum Trauma aufbauen und damit Überflutungen mit Trauma-Erinnerungen und belastenden Bildern begrenzen
  • Erkennen und Abbau destabilisierender Muster und Negativ-Muster
  • Wiedererlangung der Kontrolle über sich, den eigenen Körper und das eigene Leben

Die Integrationsphase:

  • Hier erfolgt die Verarbeitung des Geschehenen mit traumaspezifischen Techniken
  • Dies erfolgt wohl dosiert und kontrolliert, damit es zu keiner Re-Traumatisierung kommt
  • Ziel ist das Integrieren des Erlebten in die persönliche Erfahrungswelt und dadurch auch das Beenden der emotionalen oder körperlichen Belastungsempfindungen
  • Gefühle von Scham und Schuld werden relativiert bzw. beendet
  • Meist ist dies auch verbunden mit einer entlastenden Neubewertung des Erlebten

Trauma-Konfrontation?

Für viele Klienten ist es eine große Entlastung, dass Traumabehandlung und -verheilung mit den heutigen Methoden nicht mehr auf eine Traumakonfrontation angewiesen ist, also weder das „alles noch mal Durchleben“ noch das „alles noch mal Durchfühlen“ erforderlich ist.

Es ist heute wissenschaftlich belegt, dass es nicht erforderlich ist, sich mit dem traumatischen Erlebnis selbst noch einmal zu konfrontieren, um die traumatische Erfahrung zu verarbeiten – außer es ist der ausdrückliche Wunsch des Klienten. Und selbst dafür gibt es heute spezifische und sanft arbeitende Methoden.

Rekonstruktionsarbeit der traumatischen Erinnerungen:

Dies folgenden Aufzählungen können weitere Elemente des Traumaverheilungsprozesses sein:

  • Trauern um Verlorenes oder Ungelebtes
  • Das Aussprechen der Wahrheit als heilende Kraft, z.B. um das Trauma in die Biografie integrieren zu können
  • Transformation der traumatischen Erinnerungen
  • Die Fähigkeit entwickeln, sich selbst Trost zu geben und Trost durch andere Menschen anzunehmen
  • Verwandlung der ohnmächtigen Wut in gerechten Zorn. Dieser ermöglicht oft ein Gefühl der Stärke
  • Antworten auf die Sinnfrage finden, wenn es hier Bedarf gibt, um das Erlebte durch in einen neu gebrachten Zusammenhang besser als Teil der eigenen Biografie anzunehmen
  • Die Aufgabe von Rache-, Wiedergutmachungs- und Vergebungsphantasien. Für mich ist jedoch Vergebung in der Traumatherapie ist kein Muss, um ein Trauma zu verheilen! Es KANN gewährt werden, wenn der oder die Schuldige darum bittet und er oder sie sich durch das Eingeständnis der Tat, durch Reue und Wiedergutmachung ihrer würdig erwiesen hat
  • Annehmen der traumatischen Erfahrung als erlebtes aber verheiltes Ereignis in der eigenen Biografie

Wiederanknüpfung im Leben und aktives Gestalten:

  • Haltungswechsel vom „Überleben“ zum „Leben“
  • Vielleicht auch das Schweigen seinem Umfeld gegenüber über das Trauma brechen, und sich von der Last aus Scham, Schuld und Verantwortung befreien sowie die Übergabe der Verantwortung an den/die Täter/innen
  • Das Erleben von Wachstum, also durch die Bewältigung der traumatischen Erfahrung neue Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln, die für mehr Tiefe, Reife und Weisheit genutzt werden und das Leben bereichern
  • Hier kann es auch um das Gestalten eines erfüllten Lebens gehen, nachdem schweres Leid nicht mehr der dominierende Teil des Lebens ist
  • Es geht also auch darum, der Mensch zu werden, der man gerne sein möchte, evtl. durch neue Bindungen oder neue Aufgaben

Diese beschriebenen Phasen laufen nicht strikt hintereinander ab, sondern in einem zyklischen Prozess, d.h. dass Elemente aus verschiedenen Phasen sich auch abwechseln können.

So kann z.B nach einer Phase der Traumaintegration auch wieder eine Phase der Stabilisierungsarbeit erforderlich sein.

Lesen Sie hier weiter, wenn Sie sich für traumaspezifische Therapieformen interessieren.


Wenn Sie Fragen zum Ablauf von traumaspezifischen Therapien haben oder selbst betroffen sind und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen möchten, dann schreiben Sie mir hier gerne eine E-Mail oder rufen Sie mich direkt an: 06252 – 674 880.